Wasserfälle, Messer, Hunde und Geschichten
Hallo Halli. Ich bin in den letzten 1,5 Wochen unseres Urlaubs nicht mehr zum Schreiben gekommen, weil einfach zu viel passiert ist. Das Werde ich nun nachholen – nicht in einem Rutsch aber wohl in zwei oder drei Teilen. Achso und wir sind am 15.06. in einem Stück und mit ganzem Auto wieder in Dresden angekommen.
Ich bin seit dem 21.06. schon wieder auf Achse. Ich arbeite gerade wieder in Chattanooga (USA). Hier sind es aktuell circa 30-35°C. Aber zurück zu den schönen Dingen des Lebens...

In Jokkmokk erwachen wir erholt und zufrieden in unserem Zelt. Die Sonne scheint und wärmt die Umgebung langsam auf. In der Nacht waren es nur 3°C. Es ist Montag und der 06. Juni – schwedischer Nationalfeiertag. Leider bedeutet das auch, dass das Sami-Museum geschlossen hat. Hm, das wollten wir uns eigentlich ansehen.
Wir fahren in den Muddus Nationalpark. Dort gibt es eine sehr schöne Wanderroute vorbei an Wasserfällen. Die ist allerdings 22km lang. Wir entschließen uns nur die 7km zum Wasserfall zu wandern, da wir noch etwas Strecke machen wollen.
Die letzten 2km Fahrt zum Parkplatz führen über eine wirklich üble Staubstraße. Circa 500m vor dem eigentlichen Parkplatz lassen wir das Auto auf einer zum Parken geeigneten Waldeinfahrt stehen. Zuvor sind wir auf dem total zerfahrenen Ton-Staub-Gemisch zweimal aufgesessen. zum Glück nur auf Dreck nicht auf herausstehende Steine.
Am Eingang zu den Wanderwegen lesen wir uns zunächst die Infotafeln durch, 2006 gab es hier einen heftigen Waldbrand. Wir wandern los. Nach einer Weile teilt sich der Wanderweg. Es gibt den eigentlichen Wanderweg und einen leichten Weg. Hm was das wohl bedeutet? Wir entscheiden uns für den normalen Wanderweg. Kaum ist die Gablung außer Sichtweite, führt uns der Wanderweg über Wurzeln und Steine steil hinab zu einer Bachquerung – natürlich ohne Brücke. Von Stein zu Stein steigend überwinden wir das schnell fließende Gewässer und kraxeln die steil abfallende Flanke des anderen Ufers hinauf. Uff, 15°C können sich verdammt warm anfühlen!
Zwei weitere Bachquerungen weiter stoßen wir auf einen kleineren Wasserfall und rasten kurz.



Der Weg führt uns weiter durch schöne Landschaften. An einigen Stellen kann man noch Reste der Zerstörung durch den Waldbrand vor zehn Jahren erkennen. Die Mehrzahl der Fichten und Birken, die hier wachsen sind noch verhältnismäßig jung, der Wald ist licht und der Boden mit Flechten, Moosen und Blaubeerbüschen bewachsen.



Der Muddusfall, das Ziel unserer Tageswanderung, ist ein verhältnismäßig kleiner Wasserfall. Er ergießt sein Wasser über zwei Stufen in den träge darunter fließenden Muddusälven.



Nach einer Pause mit Tee und Kanelbullen machen wir uns auf den Rückweg. Wir wählen diesmal den leichten Weg. Er erscheint uns wesentlich länger, ist steinig und im Gegensatz zum normalen Weg frei von steilen Wegstücken.
Als wir wieder beim Auto sind ist es bereits 17:00. Wir haben uns bezüglich der Wanderdauer wohl etwas verschätzt. Die insgesamt 14km haben sich durch die Beschaffenheit des Weges doch deutlich länger gezogen als gedacht.
Wegen der schon fortgeschrittenen Stunde beschließen wir noch eine Nacht in Jokkmokk zu bleiben. Wir fahren zurück zum Zeltplatz, bauen auf und wandern dann von dort aus an den zweiten See in der Nähe des Zeltplatzes. Der Pfad führt quer durch eine Feuchtwiese. Die uns wohlbekannten Holzbohlenwege sind hier nur teilweise vorhanden. Der Boden schmatzt unter unseren Schritten, aber die Schuhe bleiben trocken.

Die Wärme der Sonne weckt uns am nächsten Morgen. Als wir jedoch zum Sami-Museum fahren zieht sich der Himmel bereits zu. Das Museum ist nicht groß aber sehr schön. Die Ausstellung beginnt in einem schlichten großen Raum mit einigen Fotos aus älterer und neuer Zeit sowie dem Nachbau eines typischen Zeltes des Nomadenvolkes. Entlang eines Zeitstahles, der die Alltagskleidung und Gegenstände der Menschen der jeweiligen Zeitalter illustriert, geht es in den zentralen Raum der Ausstellung. Es ist ein runder Raum von dem aus man in fünf weitere Räume treten kann. Der Aufbau des Raumes mit einem Zugang und mehreren abgehenden Räumen entspricht den Gattern, die man zur Aufteilung der Rentiere im Herbst verwendet. Die angrenzenden Räume betrachten verschiedene Aspekte des Lebens der Samen: Alltag, Glauben + Sagen, Lebewesen Lapplands, der Jahresmarkt und Trachten. Die Ausstellung ist sehr liebevoll und lebendig umgesetzt. Viele Dinge sind interaktiv.
Im Raum, in dem es um die Geschöpfe Lapplands geht, gibt es unter Anderem Schaukästen mit verdeckten Beschriftungen, bei denen man anhand der Hinterlassenschaft das jeweilige Tier erkennen soll. Wir stellen fest, dass wir schon sehr häufig beinahe Elchen begegnet sind. Eines dieser Schaugläser zeigt ein unter einem Stein eingeklemmtes schmutziges Taschentuch – Mensch, steht unter der zugehörigen Klappe.
Besonders spannend ist eine Kammer in der man die Dunkelheit und Kälte der sonnenlosen Zeit des Jahres erleben kann. In ihr herrscht ein Zwielicht, das helle Farben in grau und Hundeaugen in gruseligen Lichter verwandelt.
Am Ende der Ausstellung ist ein Zimmer, in dem besonders viele interaktive Objekte vorhanden sind. Spielerisch wird hier die Ausstellung zusammengefasst und einige wichtige Worte der samischen Sprache vermittelt.
Mit vollem Kopf und leerem Magen verlassen wir das Museum. Das dagens rätt haben wir mal wieder verpasst, denn es ist bereits 14:30. Zu allem Überfluss beginnt es auch noch zu regnen. Im Auto halten wir eine Brotzeit und fahren dann gen Süden aus der Stadt heraus. Kurz nach der Stadt stoßen wir auf einen Hamburger Tischler, der hierher ausgewandert ist und sich auf die samische Handwerkskunst spezialisiert hat. Neben allerlei Kleinigkeiten fertigt er Trinkgefäße und die Griffe von Messern. Die Klingen – zum Großen Teil Damaststahl – fertigt ein samischer Schmied den er kennt in Handarbeit. Seine Pukkas (kleines Samisches Messer mit starrer Klinge und Scheide) sind teilweise klassisch Samische Kunstwerke und teilweise modern. Ganz verrückt: Einen Griff hat er aus groben Metallspänen und quitschgrün eingefärbtem Kunstharz gefertigt.
Immer südwärts geht es auf dem Inlandsvägen. In Sandsjönäs halten wir abends auf einem Campingplatz, den schweizer Auswanderer leiten. Wir besorgen uns eine Angelkarte und versuchen unser Glück. Nach zwei Stunden erfolglosem Angeln kehren wir auf den Campingplatz zurück.
Dort steht ein SUV mit Dachzelt. Wir kommen mit dem jungen Paar, die mit dem Dachzelt unterwegs sind ins Gespräch. Sie sind in ihren Flitterwochen. Das Dachzelt haben sie auch erst seit dieser Reise und sind so wie auch wir sehr zufrieden mit dieser Campingvariante. Er ist Angelanfänger, hat aber einen Meter-Hecht gefangen. Drei Tage gab es nur Fisch zu Essen zunächst Filet und später Buletten. Erzählen sie lachend.

Am nächsten Morgen lassen wir uns die Schlittenhunde der Schweitzer näher zeigen. Der Großteil ihrer Tiere sind Grönländer. Große, ausdauernde Tiere. Sie sind im Fellwechsel und total plüschig. Huskys sind, so lernen wir zwar schneller, aber nicht so ausdauern wie Grönländer. Im Herbst beginnt das Training und bis zum Frühling sind die Hunde fast immer am Laufen. Im Sommer hingegen haben sie Urlaub. Tatsächlich ist es für die Tiere schädlich bei Temperaturen über 15°C beansprucht zu werden. Das Klima Lapplands ist also für die Hunde sehr viel optimaler als das der Schweiz.



Dann versuchen wir in dem See, der direkt am Campingplatz liegt zu angeln. Er ist am Rand jedoch zu flach und so brechen wir nach einer halben Stunde vergeblicher Suche nach einer guten Stelle ab und fahren weiter gen Süden.
Im schönen Ort Strömsund legen wir einen Halt ein. Dort gibt es ein Sportgeschäft, vom gleichen Betreiber wie in Jokkmokk. Dort hatten wir einen Faltkescher gekauft und naja, irgendwie bekommen wir ihn nicht mehr zusammen gefaltet. Wir fragen dort nach. Der Verkäufer kann ein wenig Deutsch und so unterhalten wir uns in einem Mix aus Schwedisch und Deutsch. Er zeigt uns wie es funktioniert. Wenn man weiß wie, ist es eigentlich ganz einfach – finde ich. Andre findet das nicht so, er schafft es einfach nicht. Der Verkäufer lacht und sagt: "Ich pflege den Leuten folgendes Vorzuschlagen: Wer den Kescher beim ersten Mal ohne Hilfe selbst zusammenlegen kann bekommt ihn gratis."
Wir fahren weiter bis nach Östersund. Es ist windig und kühl. Auf dem Campingplatz einen windgeschützten Platz für das Dachzelt zu finden ist gar nicht so einfach. In der Küche des Campingplatzes ist es angenehm. Dort kochen wir uns was, essen zu Abend und kommen mit einem Motorradfahrer ins Gespräch.
Er kommt ursprünglich aus Zittau und fährt seit 1992 immer wieder richtig lange Strecken mit seiner Maschine. Begonnen hat alles mit einer Reise quer durch den ehemaligen Ostblock bis nach Armenien und Georgien. Er zeigt uns Fotos und erzählt. Normalerweise ist er nicht allein unterwegs, aber sein Kumpane musste kurzfristig absagen.
Lustig ist auch, dass er unser Auto schon in Jokkmokk vor dem Sami-Museum gesehen hatte. Wir sitzen bis Mitternacht beisamen in der gemütlichen Küche. Draußen stürmt's.

Als wir aufstehen ist der Motorradfahrer schon aufgebrochen. Wir haben super geschlafen, da unser Zelt sehr gut im Windschatten stand. Nachdem wir im ICA Milch geholt und anschließend gefrühstückt haben brechen wir wieder auf. Wir fahren gen Falun. Der Weg zieht sich. Gegen 17:00 beginnen wir Ausschau nach einem geeigneten Wildcampplatz mit Angelmöglichkeit zu halten. Leider sind die Seen nahe der Route alle rundum besiedelt oder ungeeignet zum Angeln ohne Boot. Wir schauen in eine Dalahest-Manufaktur rein. Dalahests sind die typischen bemalten schwedischen Holzpferde. Es ist bereits kurz vor Feierabend.
Schließlich lassen wir das mit dem Wildcamp suchen und fahren nach Falun auf den Campingplatz. Das Besondere an diesem Campingplatz ist, dass er direkt an der Auslaufzone zweier Wettkampf-Skisprungschanzen liegt. Nachdem wir unser Lager aufgeschlagen haben spazieren wir zum Schanzentisch hinauf um den Sonnenuntergang zu sehen.





Als es dunkelt gehen wir entlang einer ausgebauten Radcrossstrecke den Berg wieder nach unten. Die schwedische Jugend feiert in der Hütte auf halber Höhe ihren Abschluss. Sie sehen alle unglaublich Schick aus. Etwa so wie beim Tanzstundenabschlussball.

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