Festgefahren...
Tag 4 nach dem Breackdown:

Der erste Blick aus dem Fenster heute Morgen verheißt nichts Gutes. Es Regnet. Unsere Stimmung bewegt sich gen Nullpunkt. Die Umgebung haben wir in Laufreichweite bereits erkundet. Weiter weg fahren wollen wir nicht, denn wir warten auf den Anruf der Werkstatt. Blöd ist auch, dass wir unser Brettspiel und die Bücher im Auto haben liegen lassen. Ebenso wie die Angeln. Disk-Golf ist bei Wind und Regen auch eher nicht die geeignete Beschäftigung. Nach einer Weile des Rumgammelns raffen wir uns auf und laufen durch den Ort. Der Regen bleibt.
Da sich die von der Werkstatt gegen 16:00 noch immer nicht gemeldet haben, gehen wir vorbei und fragen nach. Das Auto ist noch nicht fertig und Werkstatt ist auch schon zu. Nur das zugehörige Geschäft ist noch offen. Der Kollege wird wohl vergessen haben uns anzurufen.
Wir gehen uns was fürs Abendessen besorgen. Dabei stolpern wir über (ja ihr lest richtig) Ausmalbücher für Erwachsene. Da wir nach einer einigermaßen sinnvollen Beschäftigung suchen und das ja sooo entspannend sein soll kaufen wir uns Eins und dazu einen Satz Buntstifte. Wir essen zu Abend und malen dann aus. Tja und was soll ich sagen: Es hilft. Wir haben etwas konstruktives zu tun und amüsieren uns gleichzeitig über diese Maßnahme.

Tag 5 nach dem Breackdown:

Der Tag beginnt kühl und grau. Wieder müssen wir beim B&B nachfragen ob das unser Zimmer anderweitig reserviert ist oder ob wir drin bleiben können bis wir wissen ob wir noch eine Nacht bleiben. Wobei diesmal geht's ja nicht nur um eine Nacht mehr, sondern um das ganze Wochenende. Samstag hat die Werkstatt hier geschlossen.
Wir schauen uns die Fotos an, die mein Bruderherz ge-Drop-Boxt hat. Das bessert unsere Stimmung ein ganzes Stück auf.

Da es zwar grau ist aber nicht Regnet gehen wir Disk-Golf spielen. Wir beschließen, dass wir heute mal was Warmes zu Mittag essen wollen und keine Lust zum Kochen haben.
Daher laufen wir durch die das Zentrum des Ortes. Dort stoßen wir auf ein nepalesisches Restaurant welches ein Mittagsbuffet anbietet. Nepalesisch, klingt warm, scharf und lecker. Nix wie rein. Es ist schon gegen 14:00 und so sind wir die einzigen Gäste. Der gebürtige Nepalese der an der Kasse steht ist froh, dass wir englisch sprechen.
Er lebe zwar schon seit 9 Jahren in Finnland – in Jämsä erst 6 Monate, vorher in Helsinki – aber die Sprache habe er noch immer nicht richtig meistern können. Prinzipiell sagt er ist das kein Problem, die Finnen sind sehr hilfsbereit und können zumeist Englisch. Aber es kann sehr einsam sein, wenn man die Landessprache nicht richtig beherrscht. Denn den persönlichen Zugang zu den Menschen ermöglicht einem erst die Landessprache. Das Essen ist super und Getränke wie Wasser, Mangolassi und Kaffee sind inklusive.

Wir machen einen Spaziergang aus dem Ort heraus. In die Richtung sind wir bisher noch nicht gegangen, da es so aussah als komme dort nichts mehr. Wir laufen vorbei an vielen Häusern und folgen einem Schild das Theateri sagt. Als wir auf einem Privatweg landen und kein weiteres Schild ersichtlich ist, kehren wir um. Wir gehen zur Werkstatt.
Dort erhalten wir neue Informationen. Die Hochdruckpumpe (vorn) wurde getauscht. Die Kraftstoffpumpe (hinten) wurde nochmal kontrolliert. Die Arbeit war gestern schon fertig. Aber ein Ventil ist hin. Das Teil hatte er gestern bestellt, aber es ist heute nicht angekommen. Er hat den ganzen Tag darauf gewartet. Vor Montag, gesetzten Falls da kommt das Ventil an, wird das Auto leider nicht laufen. Es ist zu merken, dass ihn das genauso wurmt wie uns. Wir werden das Wochenende also noch bleiben müssen. Er gibt uns noch einige Hinweise wo wir Angelscheine her bekommen und dass sich vielleicht eine Zugfahrt nach Jyväskylä lohnen könnte.
Wir holen unser Spiel, die Bücher und Angeln aus dem Auto. Dann gehen wir etwas unglücklich zu unserer Herberge zurück und verlängern bis Montag.
Wir besorgen uns die nötigen Angelscheine und starten unsere ersten Angelversuche in Finnland. Andre bekommt einen ca. 20 cm kleinen und sehr hungrigen Barsch an die Rute. Wir ändern daraufhin unsere Ködergröße nach oben. Es ist reges Interesse an den Ködern zu merken. Allerdings sind das alles nur kleine Fische. In Finnland gibt es für viele Fischarten (auch dem Barsch) zwar keine Mindestgröße, wir wollen uns aber dennoch lieber die größeren anschauen.

Tag 6 nach dem Breackdown:

Wir schlafen etwas länger. Am Wochenende gibt's schließlich bis 10 Frühstück. Nachdem wir einigen Organisatorischen Kram erledigt und uns über unsere aktuelle Situation und Möglichkeiten beraten haben, ist Mittag. Wir besorgen uns Nudeln und Arabiatasose. Zusammen mit dem langsam etwas ollen Käse aus Schweden schmeckt das super. Satt und so zufrieden es geht, packen wir unser Angelzeug zusammen und gehen los. Zunächst an einen kleinen Waldsee. Dort werden wir ganz furchtbar von Mücken gequält. Andre fängt dennoch eine ca. 20 cm große Plötze und einen gut 60 cm langen Ast.
Der See, der uns zum Angeln empfohlen wurde, ist von dem kleinen Waldsee nur 2 km entfernt und dennoch schlecht zu erreichen. Es gibt Fußwege, die abrupt an der Europastraße enden und Fahrwege die sich als Sackgasse herausstellen. Schließlich folgen wir der Ausschilderung einer Langlaufloipe und siehe da wir sind am See!
Fischaktivitäten sind ohne Ende zu sehen. Wir carpern einen Steg. Es ist etwas luftig, aber wir sind die Mücken los. Wir angeln mit verschiedensten Ködern. Nichts scheint zu funktionieren. Schließlich verwende ich einen kleinen grau-schwarzen silbrig glänzenden Köderfisch. Siehe da jemand will ihn haben. Jemand großen und wildes. Die vorderen Segmente meiner Angel biegen sich deutlich im Rhythmus der Bewegungen des Fisches. Andre steht neben mir: "Das issn Großer." Ich versuche ihn richtig zu haken und einzuholen. Habe aber durch meine Überraschung den richtigen Moment verpasst. Der Fisch ist weg.
Als wir kurze Zeit später zurück gehen, ist es noch immer nicht dunkel (22:00). Bläuliches Zwielicht taucht die Umgebung in ein merkwürdiges Licht. Soll es hier nicht Braunbären geben?

Tag 7 nach dem Breackdown:

Es ist bewölkt. Um nicht immer das Gleiche zu tun beschließen wir heute mit dem Zug nach Jyväskylä zu fahren. Wir fahren 60 km in 30 min für 8€ pro Nase und der Preis beinhaltet einen reservierten Sitzplatz und kostenfreies WLAN. Da könnte sich unsere Zuggesellschaft mal ne Scheibe abschneiden!
Es ist Sonntag, es ist warm und es regnet nicht. Viele Leute sind unterwegs, wobei man das Viel im finnischen Maßstab sehen muss. Jyväskylä ist die aktuell der siebt größte Ballungsraum Finnlands. Dort leben 116 Ew pro qkm. Ähnliche Bevölkerungsdichten haben bei uns Orte im ländlichen Raum wie Obercunnersdorf (92 Ew pro qkm). Eine Stadt wie Zittau liegt bereits bei 386 Ew pro qkm.
Genug von Zahlen. Wir sind durch die Stadt geschlendert und haben zunächst einen kleineren Park erklommen. Ja erklommen! Der Harju-Park ist unter Anderem für seine ewig langen und steilen Treppen bekannt. Während wir den Park in luftiger Höhe durchqueren fallen uns wieder Disk-Golf-Netze ins Auge und wir beginnen uns zu fragen warum wir eigentlich die Schwebedeckel nicht eingepackt haben. Wenn Jämsä schon so einen Parkourt hat, hätte uns doch klar sein müssen, dass Jyväskylä auch einen hat – so als siebt größte Stadt. Naja keine Zeit zum Ärgern es wird weiter gelaufen. Jogger jeden Alters sind hier Dauer präsent. Wir gehen vom einen Park direkt zum nächsten. Über den Nisula zum Viitaniemi der unmittelbar an den Tuomiojärvi See grenzt.



Beim Weitergehen fällt uns mal wieder auf wie wenige Möglichkeiten der kostenfreien Freilicht Freizeitmöglichkeiten unsere Heimat im Vergleich zu den Nordlichtern bietet. Hier ist kein Sportplatz abgeschlossen und mit einem "Bitte melden Sie sich beim Verein Hinterholzhausen an um den Rasen eventuell betreten zu dürfen." In der Innenstadt gibt es, wie wir feststellen, mindestens zwei Disk-Golf Parkours. Außerdem etliche Beachvolleyballfelder und mindestens (die haben wir gesehen) drei Sportplätze sowie überall schöne Spatzierwege die durch Wald, Wiesen und Seenlandschaft führen. Das hat schon was!
Nach den ersten zwei Parks wollen wir uns eigentlich eine Kirche anschauen. Da ist jedoch gerade eine Veranstaltung also gehen wir weiter. Wir kommen in einem kleineren Industriegebiet raus. Steigen eine abenteuerlich aussehende Treppe hinunter und landen mitten in der Wildnis an einem Forellen-Flüsschen.



Wir folgen diesem so weit wir es geht.



Dann gehen wir weiter Richtung Hafen. Der Himmel klart auf und die Sonne sendet ihre wärmenden Strahlen zu uns. Die Wohngebäude die wir unterwegs sehen sind etwas eigen.



Die Wege sind hier asphaltiert und so begegnen wir mehr und mehr Langlauftrainig Treibenden mit Inlineskates und Skistöcken. Die haben Geschwindigkeiten drauf! An einer Brücke denken wir zunächst wir sehen nicht richtig. Aber doch: da Schaukelt einer!



Nach dem Hafen laufen wir noch über das Universitätsgelände der Stadt. Dort sind viele Gebäude gerade wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Es hängen Transparente draußen mit Fotos der UNI aus den 80er Jahren. Die Frisuren und Klamotten, sowie der Baustil kommen mir verdächtig bekannt vor.
Später setzen wir uns in den grünen Hof der Kirche in der Innenstadt und warten auf unseren Zug, der nur alle zwei Stunden kommt. Wir fahren zurück.
Nachdem wir uns ein leckeres selbst gekochtes Abendbrot einverleibt haben gehen wir angeln. Ja der See in dem ich fast was großes gefangen habe ist ein Stück weg (ca. 4 km) aber wir haben ja Zeit.
Als wir beginnen zu Angeln hat das Zwielicht schon eingesetzt. Gegen 23:00 machen wir uns auf den Rückweg.



Unsere Gerätschaften werden klamm. Wir wundern uns. Als wir zurück laufen sehen wir den Grund dann. Überall an Wasserflächen hat sich Nebel gebildet. Zusammen mit dem Zwielicht wirkt die Umgebung verzaubert.

... comment