Auto sagt: Nein!
Hallo! Da bin ich wieder. Aktuell sind wir im finnischen Jämsä gestrandet und wissen nicht genau ob wir Morgen oder Übermorgen weiter fahren können. Wie es dazu kam...

Nach der turbulenten Nacht auf der Fähre sind wir zum Frühstücken zur Kuusisto Bishop's Castle Ruine gefahren. Dort haben wir uns auf unserem Gasherd ein Käffchen gekocht und haben eine leckere Kannelbulle (Zimtschnecke) verspeist, die wir in einer kleinen niedlichen Bäckerei in Stockholm gekauft hatten. Kannelbullar sind kunstvoll geknotete Hefeteiggebäcke die mit grobem Zucker, Zimt und Cardamon verfeinert sind. Superlecker!
Begleitet wurde unser Morgenmahl von einem Chor aus Vogelstimmen. Die schöne Kulisse und die wärmenden Strahlen der Sonne taten ihr Übriges zu unserem Wohlbefinden.





Die Weiterfahrt war etwas anstrengend, da wir Beide recht müde waren und die Wärme der Sonne und duselig machte. Darum haben wir ein Schäferstündchen auf einem idyllischen vom Löwenzahn gelben Rastplatz irgendwo auf halber Strecke zwischen Turku und Helsinki eingelegt.
Um uns nicht dem Innenstadtverkehr der finnischen Landeshauptstadt auszusetzen sind wir direkt zum Campingplatz gefahren. Von dort aus sind wir dann mit der Metro ins Stadtzentrum gefahren. Dort wollten wir eine Runde durch das Hipster-Viertel drehen – vielleicht findet sich da ja eine angesagte Bar oder so. Dem war eher nicht so. Dafür hat uns der Teil der Stadt sehr an Chemnitz erinnert.



Da wir uns irgendwann nicht mehr ganz sicher waren wo wir so richtig sind, sind wir mit der Straßenbahn zurück zur Zentralstation gefahren. Wer schon mal versucht hat sich anhand einer zu undetaillierten, unmaßstablichen Tourikarte in einer Stadt mit finnischen Straßennamen zu orientieren wird verstehen weshalb das etwas schwieriger ist. Da wir noch genug überschüssige Kraft- und Neugierreserven hatten sind wir von dort aus noch ins Hafenviertel gelaufen. Unterwegs stießen wir noch auf die Kathedrale von Helsinki auf dem Senatsplatz.



Hinter den Gebäuden des Hafens lächelte uns dann noch eine sehr russisch aussehende Backsteinschönheit an. Wir wir später erfuhren ist diese die größte orthodoxe Kirche Europas.



Danach hatten wir allerdings den Kanal voll und sind zurück zum Campingplatz gefahren. Die Müdigkeit schlug nun wieder mit voller Kraft zu und so krochen wir warm geduscht frühzeitig in unsere Schlafsäcke.

Die Wärme der Sonne und lautes Vogelgezwitscher weckten uns am nächsten Morgen schon vor dem Wecker. Nach dem Frühstück setzten wir uns wieder in die Metro gen Innenstadt. Dort suchten wir zunächst eine Weile vergeblich nach der Rock-Church.



Mit Hilfe moderner Technik, namentlich GPS, nahm die Suche nach einer guten Stunde ein glückliches Ende. Die Rock-Church ist eine in den Stein gebaute Kirche. mit einer einzigartigen Kuppel aus gewobenen Kupferstreifen. Einzigartig ist auch das Spiel des Lichtes auf dem teilweise unbearbeitet aussehenden Felsen.





Danach haben wir uns zunächst ein Mittagessen gegönnt. Gestärkt sind wir daraufhin mit der öffentlichen Fähre auf die Festungsinsel Suomenlinna gefahren. Übrigens kostet ein Ticket Zweitagesticket für den Verbundraum Helsinki nur 12€ – die öffentlichen Fähren sind inklusive.
Auf der Insel ist im Augenblick das absolute Brüt-Chaos ausgebrochen. Weißwangengänse, Möwen und Austernfischer streiten sich in bester nachbarschaftlicher Manier um den besten Brutplatz. Wer Pech hat muss am Weg brüten. Zweibeiner werden misstrauisch beäugt.



Die Insel spielte über viele Zeitalter eine wichtige Rolle bezüglich der Verteidigung der Besitzansprüche der jeweiligen Regierenden. Dort finden sich mittelalterliche Kanonen, russische Mörser (1877) und Flaggs (1932).



Da Samstag war sind viele Einheimische auf die Insel gekommen. Überall gibt es Picknicks und hier und da hört man Gitarrenklänge und Gesang. Mehrere größere Jugendgruppen feiern ausgelassen mit Bier und Apfelcider – wahrscheinlich ihren Abschluss. Ein paar davon lassen sich zu einem Nacktbad in der kalten Ostsee hinreißen.
Bei unserem Rundgang über den kleinen Inselverbund stoßen wir schließlich auf ein merkwürdig ubootartig aussehendes gut 15m hohes Gebilde. Ein paar Meter weiter sehen wir, dass es die Ersatzschleuse für ein Trockendock ist.



Ziemlich kaputt kehren wir gegen 19:00 zum Campingplatz zurück und grillen uns ein paar typisch Finnische Grillwürste und dazu Spinatpuffer. Die Würste haben eine große Ähnlichkeit mit Bockwürsten, sind aber weicher. Dazu probieren wir Blaubeercider und stellen fest: Ziemlich süß. Wir sitzen noch eine Weile.

Der nächste Tag ist Sonntag. Im Zelt ist es so gemütlich, dass wir den Wecker noch etwas ignorieren und vor uns hin dösen. Aber es hilft ja nichts: Schließlich stehen wir auf. Nachdem wir gefrühstückt und alles wieder an seinen Platz geräumt haben fahren wir zur Insel Meilahti in Helsinki. Diese Insel beherbergt ein Freilichtmuseum mit ganz besonderen Ausstellungsstücken. Um die sich über die Jahrhunderte verändernden Holz-Hausbaustile Finnlands zu bewahren und Wissen über alte Bautechniken wieder zu erlangen hat man Gebäude und teilweise ganze Gehöfte aus allen Teilen des Landes zusammengetragen. Auch die Inneneinrichtung ist mit den Häusern umgezogen.



Auch Holz-Ruderboote zählen teilweise zum Interieur der Bauten. Das Größte von ihnen konnte mit 100 Ruderern besetzt werden.



Was macht ein Steinhaus in einer Sammlung von Holzhäusern? Fragten wir dieses Gebäude das erste Mal sahen. Aber bei genauerem Hinsehen: April April! Alles nur Fassade.



Obwohl der Mai schon beinahe vorbei ist: Das sind die ersten voll aufgeblühten Maiglöckchen die ich hier gesehen habe. Der Waldboden ist teilweise grün von den kleinen Pflanzen, aber offene Blüten? Bisher nicht.



Nach unserem wundervollen Ausflug auf Meilahti sind wir in Richtung Tampere aufgebrochen. In einem kleinen Ort bei Tampere ist ein Gräberfeld auf dem viele Funde aus der Bronze Zeit gemacht wurden. Dieses Feld sollte wohl eins der größten in Europa sein. Leider standen da nur zwei Tafeln (nur auf Finnisch) und sonst? Ja es lagen überall Findlinge umher aber kein Weg und keine weiteren Schilder waren ersichtlich. Hm, das hatte ich mir anders vorgestellt.
Wir haben daraufhin beschlossen am gleichen Abend noch zum Isojärvi Nationalpark in Kuhmoinen weiter zu fahren. Dort wollten wir eine Nacht Wildcampen und am nächsten Morgen los wandern. Aber es kam alles anders...

85km nach Tamere hatte unser Auto keine Lust mehr. Die Kontrolleuchte für die Aufwärmphase der Glühkerzen begann zu leuchten ‐ während der Fahrt. Wir hatten gerade noch Zeit in der Betriebsanleitung nachzusehen was das bedeutet und das Auto war aus. Also aus aus. Einer inneren Eingabe folgend ist Andre von der Europastaße runter auf einen asphalttierten Platz im Nirgendwo gebogen. Das Auto rollte noch in eine günstige Position. Einige zunächst ambitionierte und später verzweifelte Anlassversuche scheiterten.
Schließlich rief ich gegen 21:00 den ADAC an. Bisher haben wir den noch nie gebraucht und hatten schon überlegt auszutreten. Wir holten unseren Grill und die Klappstühle raus und kochten erst mal Abendbrot. Eine Stunde nach dem Telefonat zur dt. Auslandhilfe rief mich die finnische Stelle zurück und wollte nochmal eine genauere Ortsangabe haben. Fünf Minuten später rief der Fahrer des Abschleppwagens an der uns einsammeln sollte und teilte uns mit, dass er jetzt losfahre und in ca. 1,5 h da ist. Ich besorgte ein Buch und Andre eine Kerze. Zweitere war nur für die Stimmung es war noch hell genug zum Lesen.
Der Fahrer des Abschleppwagens war ein sympathischer Kerl der gut Englisch sprach. Wir schilderten nochmal das Problem und tauschten einige scherzhafte Floskeln. Dann versuchte er noch einmal fürs Protokoll das Auto zu starten. Nun begann die Suche nach der Abschleppöse. Aus irgendwelchen Gründen ist die bei einigen neueren Autos nicht mehr fertig montiert. Glücklicher Weise haben wir das Ersatzrad inkl. allem Zubehör mit genommen. Dazu zählt nämlich auch die benötigte Abschleppöse, die man wahlweise hinten oder vorn am Auto anbringen kann.
Die Fahrt war angenehm. Der Mond war unglaublich groß und hell. Wir plauderten etwas mit dem Fahrer. Er parkte unser Auto an der Werkstatt und fragte uns ob wir noch in ein Hotel wollten. Mittlerweile war es nach Mitternacht. Wir bedankten uns und verneinten. Dann klappten wir unser Zelt auf. Direkt an der großen Straße. Nun ja das mit dem mal wieder Wildcampen war eigentlich anders gemeint gewesen...

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